Der Wille ist da…

Entsetzt habe ich auf den Zeitstempel meines letzten, kleinen Beitrags auf dieser Site geblickt. 10. Juni 2015. Peinlich. So geht es nicht!

Doch woran ist es in diesem einen Jahr gescheitert? Natürlich, an der Zeit. Als Volontär hat man genug zu tun, die abendlichen Sitzungen von Ortschaftsräten oder Vereinen wollten ja besetzt werden. Vielleicht habe ich das unterschätzt. Und das Pendeln zwischen Leipzig und Magdeburg ist auch nicht unerheblich gewesen.

Aber was soll ich sagen? All das ist vorbei. Die Sorgen, ob ich denn übernommen werde, sind Geschichte, denn ich bin es. Die Magdeburger Volksstimme hat mir knapp acht Monate vor dem offiziellen Ende meines Volontariats einen Job als Online-Redakteur angeboten, den ich seit 1. April 2016 auch gern angenommen habe. Die nötige Zeit für das Volo habe ich absolviert, jetzt heißt es am News Desk in Barleben Dienste schruppen und Projekte umsetzen. Ich freue mich sehr, dass mir so viel Vertrauen entgegengebracht wird und ich diesen Posten bekommen habe. Meine Motivation volksstimme.de weiterzuentwickeln und „Die Zeitung von hier“ in den sozialen Medien zu etablieren ist immens. Voller Tatendrang beginnt eine neue Phase des Lebens und ich bin gespannt, was die kommenden Monate und Jahre noch alles zu bieten haben 🙂

Ps.: Ich will auch wieder regelmäßig hier schreiben. Der Wille ist da…

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Prinzessin für 27 Stunden

Hach, wie war das schön. Ein Traumschloss in den bayerischen Bergen, die uckermärkische Märchenprinzessin fühlte sich pudelwohl und ein Schnäppchen war es auch noch! Läppische 130 Millionen Euro hat der 27-stündige Imbiss gekostet. Wer hat, der kann eben. Und wie wird es dann in einem Jahr? Hoffentlich etwas billiger, denn dann ist der Zar wieder mit dabei und Luxus hat der ja daheim schon genug, da muss es nicht auch noch beim Gipfel hoch hergehen.

Die Granden kommen dann gar nicht erst bis nach Kanada. Beim Zwischenstopp in Florida wurden sie versehentlich ins All geschossen… Das wareben einfach der billigste Weg.

Oder die Großen Acht schippern auf dem Mittelmeer, versuchen als illegale Einwanderer getarnt nach Italien zu kommen. Dort ist ihnen auch ausreichend Schutz geboten. Frontex passt ja gut auf.

Oder es böte sich in Japan das Gebiet rund um Fukushima an: Abgesperrt ist es schon, zum Strahlen haben die geehrten Staatschefs dort auch genug und Demonstranten wagen sich ebenfalls keine hin. Traumurlaub an der Pazifikküste! Was kann es Schöneres geben?

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Blatter ist nicht weg!

Sepp Blatter hat seinen Rücktritt nur angekündigt. Er ist noch nicht weg und wird es auch nicht sein. Mindestens bis Dezember lenkt der Schweizer die Fifa nach seinen Wünschen weiter. Und auch danach ist noch lange nicht Schluss.

Die Fifa ist Blatter. Seit Jahrzehnten ist der Funktionär dafür verantwortlich, seit Jahrzehnten baut er seine Macht auf dubiose Geschäfte. Bei seiner eigenen Wahl hat es mysteriöse Geldumschläge in den Hotelzimmern der Funktionäre gegeben, bei der WM-Vergabe für Deutschland im entscheidenden Wahlgang plötzlich weniger Stimmberechtigte.

Zum Wohle des Fußballs hat Herr Blatter selten gehandelt, lediglich zum Wohle der Geldtaschen seiner Freunde. Aber es ist nicht nur Sepp Blatter, sondern sein System, das weg muss. Das wird aber nicht passieren. Zu viele sind davon abhängig und sitzen auf jenem Ast. Und selbst absägen werden sie ihn sich ganz sicher nicht. Am Ende heißt der neue Blatter eben Michel Platini oder Prinz Ali bin al-Hussein. Der Geist Blatters wird auch den Nachfolger – wie er auch heißen mag – umwehen. Ob er will oder nicht.

Die Krux der Meisterschaft

Ich habe mich gefreut. Nein, das wäre untertrieben. Ich bin vor Freude auf und ab gesprungen. Der Grund? Der 1. FC Magdeburg ist Meister in der Regionalliga Nordost. Eigentlich mehr als ein Grund zum Feiern, wenn man seit Jahrzehnten auf genau diesen Moment gewartet hat.

Warum aber wurde ich trauriger, je weiter der Abpfiff wegrückte? Die Antwort? Ist ganz einfach: Der Europapokalsieger, dessen Fan ich bin, seit ich denken und gegen einen Ball treten kann, muss noch in die Aufstiegsrelegation.

Natürlich freue ich mich noch immer, dass die Blau-Weißen eine tolle Saison – auch mit zwei starken Auftritten im DFB-Pokal – gespielt haben. Doch im schlimmsten Fall ist es völlig egal, ob sie mit einem Tor, einem Punkt oder 100 Zählern auf Platz eins stehen. Mit zwei Spielen, die sie nicht einmal verlieren müssen, kann die ganze Saison verloren sein.

Das geht natürlich nicht nur den Magdeburgern so, sondern auch den Kickers aus Offenbach oder jedem anderen Teilnehmer der Aufstiegsrelegation zur 3. Liga.

In der Bundesliga wurde unlängst das Freistoßspray eingeführt, eine Torlinientechnologie gibt es auch schon in diversen Profiligen in der Welt. Warum? Weil es ja umso viel Geld, ja um das Geschäft gehe, so das Urteil der Fußballfunktionäre von FIFA, Uefa und DFB. Aber geht es nicht auch beim FCM oder den Kickers um Geld? Um Arbeitsplätze? Um eine gesamte Region? Warum darf es sein, dass ein Meister der Kreisklasse C aufsteigt, aber ein Meister einer Regionalliga noch mit zwei Spielen eine gesamte Saison in den Sand setzen kann.

Die Relegation an sich ist nicht schlimm. So hat der Drittletzte der Bundesliga noch immer eine Extra-Chance die Klasse zu halten. Aber Fakt ist auch, dass jeweils der Erste problemlos aufsteigen darf.

Es ist einfach unfair vom DFB. Dabei spreche ich nicht als Fan des 1. FC Magdeburg, sondern als Fan des Fußballs. Wie kann es sein, dass ein Meister nicht direkt aufsteigen darf? Wie kann es sein, dass ein Meister nicht aufsteigt, obwohl er vielleicht sogar die gesamte Saison über nicht verloren hat? Für mich gibt es dafür keine logische Erklärung.

Dafür, dass der DFB immer wieder davon spricht, die Basis zu stärken, den Amateuren den Rücken zu stärken, dann sollte er den Amateuren aus der Regionalliga nicht auch noch Steine in den Weg legen, wenn sie kurz davor sind, in den professionellen Fußball aufzusteigen. Ich hoffe sehr, dass sich die Fans als auch die Verantwortlichen in den Landesverbänden dafür stark machen werden. Es würde dem Fußball in ganz Deutschland nur gut tun.

Amateurfußball at its best

Samstagnachmittag, 15 Uhr. Nein, ich habe mich nicht auf den Kampf um die Europa-League-Plätze oder gegen den Abstieg aus der Bundesliga vorbereitet. Nein, am vergangenen Samstag habe ich mal wieder dem puren Amateurfußball gefrönt.

In Magdeburgs Stadtoberliga ging es hoch her. Der Tabellenführer Roter Stern Sudenburg empfing den Letzten SKV Meridian. Es versprach von vornherein ein Torfestival zu werden, immerhin hatte der SKV noch keinen einzigen Punkt ergattern können und vor dem Spiel fast 100 Gegentore bekommen.

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Schnell wurde mir klar, dass die Freizeitkicker zwar Ideen hatten, doch die Umsetzungen dieser haperten. Aber dafür ist es noch echter Fußball, dachte ich mir. Immerhin habe ich jeden Kommentar auf dem Platz auch daneben gehört. Schnell dachte ich mir, dass auch Xherdan Shaqiri mal kurz in Magdeburg vorbeigeschaut hatte, wobei die Nummer 4 dann doch nur so aussah wie der kleine Schweizer.

Ein Carsten Jancker im Sudenburger Trikot traf leider nicht das Tor und zur Halbzeit stand es – so ganz anders als von mir erwartet – nur 1:0 für den Gastgeber. Doch man kann nicht immer ein Halbfinale wie bei der WM 2014 zwischen Deutschland und Brasilien. Die Frage war nun: Spielen sie es locker runter oder setzen die Hausherren noch einen drauf? Sie taten letzteres. Und aus dem mauen Spiel der ersten 45 Minuten entwickelte sich wirklich ein Torfestival. 8:1 stand es beim Abpfiff. Da hatte dann David Neumann drei Tore gemacht und Kenny Kreiser sowie Andreas Gerlach zwei.

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Kurz vor dem Schluss waren die Spielereignisse in der Tat nebensächlich. Bei 6:0 macht man ja auch nicht mehr so viel. Vielmehr amüsierten mich die immer wieder auftretenden Wortgefechte zwischen dem langen Abwehrrecken (er sah aus wie ein junger Jens Todt) der Gäste mit dem kleinen Assistenten an der Seite. Die Abseitsfalle des SKV wollte nämlich nicht so ganz funktionieren wie er es wollte. Dumm nur, dass es auch ausgerechnet der SKV-Todt war, der immer wieder das Abseits auflöste.

Aber egal, wie das Spiel endete und wie lustig man sich manchmal machen kann (das ging ja auch gut beim Fall des Baum-Boateng in der Champions League), sie alle verdienen großen Respekt für das Aufreiben in den Niederungen des deutschen Fußballs. Schon allein als ich das Aneinanderschlagen von Knieschonern gehört hatte, wurde mir beinahe schlecht. Und: Besser als die Spieler am Samstag auf dem Platz bin ich keineswegs. Zeit, um das durchzuziehen habe ich auch nicht. Also großen Respekt an die zahlreichen Amateurkicker in Deutschland!

Blutiges Berlin

Neue Leute zu treffen ist immer so aufregend, ja ich war ganz hibbelig. So habe ich mich den ganzen Sonntag über gefühlt. Bis 20.15 Uhr. Dann ertönte endlich die altbekannte, sonntägliche Tatort-Musik aus meinem Fernseher. Das neue Berliner Ermittlerduo war an der Reihe und die Episode begann gleich mit einem blutverschmierten Mädchen, das durch das nächtliche Berlin irrte.

Schnell wurde auch klar, dass die Ermittlerin Nina Rubin – gespielt von einer stark berlinernden Meret Becker – alles andere als die „normale“ Großstadtmama ist. Ihr wortkarger und eitler, neuer Kollege Robert Karow – gespielt von einem kalten Mark Waschke – macht ihr ebenso zu schaffen, wie die Probleme in den heimischen vier Wänden. Dass die Auflösung des Falles nicht so spektakulär war, wird durch die unheimlich spannenden Geschichten der Ermittler aufgefangen.

Wie geht es zwischen beiden weiter? Was genau ist mit dem einstigen, inzwischen toten Kollegen Karows passiert?

Der Fall „Das Muli“ war keiner der ganz herausragenden im Tatort. Dass Jugendliche in ihrem Körper Drogen transportieren, dafür Geld bekommen und auch daran sterben, ist nicht neu. Sowohl ist es Realität wie auch in der Fiktion schon zahlreich behandelt worden.

Auch die Tiefe der Nebenfiguren war – ausgenommen des bösen deutsch-libanesischen Kleinganoven (Kida Khodr Ramadan) – nicht allzu tief kennzeichnet. Den kleinen, unter Familienstress leidenden Mafia-Boss aber, stellen Drehbuchautor Stefan Kolditz und Regisseur Stephan Wagner exzellent dar. Erst schlitzt er eine Muli brutal auf, ist blutverschmiert und erklärt dies seiner Frau mit einem Autounfall, bei dem er Erste Hilfe geleistet habe. Dann wieder holt er seine Töchter vom Ballett ab, soll französisches Wasser besorgen und ist einen Moment später wieder auf der Jagd nach de, verloren gegangenen Drogenkurier names „Jo“.

Dass ausgerechnet er am Ende mit einem Kopfschuss gerichtet wird, sich am Tatort des Mordes (?) an Karows Kollegen dann doch eine Kugel findet, von dem Karow bis dahin nichts wusste, verspricht viel. Vielmehr erzeugt es so aber auch eine gewisse Erwartungshaltung. In der Hoffnung, dass die Tatortredaktion des RBB diese stillen kann, freue ich mich schon auf Fall Nummer 2! Und ja, hibbelig bin ich auch schon.

Foto: Photo by anankkml. Published on 07 April 2013 Stock photo – Image ID: 100155926 by freedigitalphotos.net

Rezension: „Dritte Halbzeit – Eine Bilanz“ von Waldemar Hartmann

Vor zwei Jahren kam das Buch „Dritte Halbzeit – Eine Bilanz“ von Waldemar Hartmann heraus. Damals habe ich mich am Rande der Leipziger Buchmesse mit ihm getroffen. Das Ergebnis findet Ihr HIER. Bekannt wurde Waldemar Hartmann als Field-Reporter der ARD oder als Interviewer des Bundestrainers nach den Länderspielen. Welchen Weg er dafür zurücklegen musste, beschreibt er in seiner Autobiografie im „Waldi-Style“ .

„[…] Die Kamera ist noch aus, aber ich merke schon: Aus den Ohren und Nasenlöchern des Vulkans aus Hanau kräuselt der erste Rauch. Der Hessen-Ätna steht unmittelbar vor dem Ausbruch. Damals gab es noch nicht so viele Kochshows im Fernsehen – aber Rudi wäre eine gute Frühversion von Tim Mälzer gewesen. Ein Mann kocht live im TV. Mein nächster Gedanke war: Gut dass wir uns siezen.“

Unter anderem mit diesen Worten beginnt der langjährige Sportreporter Waldemar Hartmann seine Autobiografie. Bekannt wurde der inzwischen 65-Jährige als „Duzmaschine“ oder eben als „Weißbier-Waldi“, der „keine Riester-Rente, sondern eine Rudi-Rente“ bekommt. Diese Rente hat er an jenem Abend in Reykjavik vom damaligen Teamchef Rudi Völler serviert bekommen.

Bier für den Vater

Im Buch beschreibt Hartmann seinen Beginn als Sportler, der in jungen Jahren noch zusammen mit der Handballlegende Erhard Wunderlich in Augsburg auf dem Feld stand oder wie sein Vater als Tramfahrer seine Runden drehte und dem kleinen Waldemar, als er am eigenen Heim vorbeifuhr, zurief „Waldemar, hol a Maß“. Heute undenkbar, damals in den 1950er Jahren durchaus Praxis.

Hartmann und Black

Detailgetreu beschreibt der gelernte Journalist, dass die Schule nichts für ihn war und er sich lieber mit den Sportlern umgab, Musik machte und Gerhard Höllerich kennenlernte, bevor dieser zum gefeierten Star Roy Black wurde. Über Beziehungen landete er immer wieder in einem anderen Klub, sogar in München, wo er als junger BR-Mann auf einmal völlig unerwartet Haus-und-Hof-Reporter von Franz-Josef Strauß war.

In England hinter dem Ende der Welt

Später entschied er sich für den Sport und wurde Mitglied Sportredaktion des Bayerischen Rundfunk. Hier angelangt, rekapituliert der gebürtige Nürnberger die glorreiche Europameisterschaft 1996, an deren Ende Deutschland den Titel holte. Doch was im Fernsehen so bunt und schön aussah, war im Reporteralltag ganz anders, denn Berti Vogts „hatte sich nicht das Ende der Welt als Mannschaftsquartier ausgesucht. Weit gefehlt – es war noch einige Kilometer weiter gezogen. Und wir landeten hinter dem Ende der Welt“.

Die ARD übersteht es

Seine Geschichten aus dem Sportalltag überraschen, liefern Hintergründe und bringen den Leser zum Schmunzeln. Der Kultmoderator liefert eine bunte Geschichte über sich selbst mit einer Anreihung von Anekdoten aus seiner Karriere. Wer den Menschen Waldemar Hartmann mag, wird dieses Buch lieben und verschlingen. Für alle anderen ist eine nette Lektüre, dass es eben nur einen „Waldi“ geben kann und er auch genau so sein muss. Gespielt ist nichts, er ist ein Original.

Bereits vor fünf Jahren im Jahr 2009 entschloss er sich dieses Buch zu schreiben. Brisanz erhielt es jedoch erst im vergangenen Jahr, als sein Abgang bei der ARD alles andere als freundschaftlich und kollegial von statten ging. Es ist aber keine Abrechnung, wie so viele erwartet hatten. Einige Nadelstiche setzt Hartmann durchaus, aber den Dolch lässt er stecken.

„Dritte Halbzeit – Eine Bilanz“, die Autobiographie von Kultmoderator Waldemar Hartmann ist im Heyne Verlag erschienen. Umfang: 368 Seiten; Format: 13,5 x 21,5 cm, Gebundenes Buch mit Schutzumschlag; Preis: 19,99 € inkl. MwSt.; ISBN: 978-3-453-16921-0

von Steindy (Diskussion) 10:01, 27 June 2011 (UTC) (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Waldemar Hartmann über Joachim Löw: „Er tut so, als ob er dem Team das Fußballspielen beigebracht hätte“

Im Rahmen der Leipziger Buchmesse tummeln sich in der Heldenstadt allerlei Mitglieder der schreibenden Zunft. Autoren, aber auch Künstler reisen im März eines jeden Jahres nach Leipzig, um die jeweils neusten Werke zu bewerben und vorzustellen. Darunter war in diesem Jahr auch Waldemar Hartmann. Wir haben den Kultmoderator getroffen. Im exklusiven Gespräch für Goal.com sprach ich mit ihm über die TV-Landschaft von heute, die deutsche Nationalmannschaft und seinen FC Bayern München. Aber auch ein Lob für Borussia Dortmund sprang heraus.

„Keine Wehmut, sondern Good Feeling“

Um 19 Uhr soll „Waldi“, wie Waldemar Hartmann seit Schultagen gerufen wird, mit seiner Lesung im Bayerischen Bahnhof beginnen. Davor findet er noch Zeit für ein Gespräch mit mir. Kaum sitzt er, kommt schon die typische Leipziger Gose, ein obergäriges, leicht säuerliches Bier, an den Tisch. „An die Gose muss ich mich wieder gewöhnen“, gibt er offen zu. Kein Wunder, es ist eben doch kein Weißbier. Das soll er erst zur Lesung auf den Tisch bekommen.

Am Ort seiner letzten Sendung, „Waldis Club“ tritt er noch einmal auf. „Da schließt sich schon der Bogen. Und bei mir ist keine Wehmut, sondern Good Feeling“, beschreibt Hartmann sein Gefühl bei der Rückkehr in seine Schalterhalle.

Bei der ARD herrscht das „krankhafte Bemühen, alles komplett anders zu machen“

Im vergangenen Jahr war Schluss. Der Kultmoderator, die „Duzmaschine“, musste in Rente gehen. Seine Sendung passte nicht mehr so richtig in die Pläne der ARD, obwohl die Verantwortlichen des MDR für ihn kämpften. Inzwischen wird aus dem Ruhrpott gesendet.

Schmunzelnd merkte der 65-Jährige zu dem Nachfolger seiner Sendung an: „Ich stelle fest, es ist das krankhafte Bemühen, alles komplett anders zu machen, als es bei Waldis Club war. Deswegen muss aber nicht alles besser sein.“

Die „Uniformierung“ der Sky-Reporter

Mit dem Ende der Bildschirmpräsenz endete auch eine kleine Ära von Reportern der alten Garde, wie Hartmann anmerkte: „Ich weiß gar nicht, ob welche aussterben müssen, weil ja kaum noch welche da sind. Bei den Field-Reportern, das klingt einfach alles so gleich. Bei den Antworten aber auch. Ich habe das Gefühl, die Spieler haben alle den gleichen Coach – die Interviewer aber auch.“ Es sei „eine Gleichschaltung im Diktat, im Duktus, einfach in allem“. Man erkenne kaum noch jemanden heraus: „Mit großer Lust höre ich Marcel Reif noch raus. Er hat für mich einen hohen Unterhaltungswert und eine große Kenntnis vom Fußball.“

Bei Sky seien alle „gut“, aber keiner einzigartig. Kai Dittmann sticht etwas hervor, doch ist in „Waldis“ Augen ein wenig „oberlehrerhaft“. „Die Uniformierung geht über die Kleidung, direkt zum Frisör, zum Stylisten und so wird es am Ende alles ziemlich ähnlich und ziemlich gleich“, sagte der Kultmoderator weiter.

Das Buch ist „kein böses Foul, aber ein taktischer Rempler im Mittelfeld“

Der gebürtige Nürnberger polarisierte, war vor allem wegen seines Duzens mit den Interviewpartnern bekannt, stellte aber in dem Gespräch klar, dass er auch nur Leute duze, die er kenne und „heute wäre ich mit 80% der Nationalmannschaft per Sie, weil ich sie einfach nicht kenne. Ich weiß auch nicht, warum es so hoch getragen wird, denn im Sport geht man anders miteinander um.“

Inzwischen ist Waldemar Hartmann auch unter die Schriftsteller gegangen, hat seine mit großer Spannung erwartete Autobiografie pünktlich zu seinem 65. Geburtstag und zur Leipziger Buchmesse veröffentlicht. Das Buch ist ein netter Blick hinter die Kulissen der Person Hartmann und keine bitterböse Abrechnung. Hartmann weiß aber auch „das mich nun drei oder vier Menschen bei der ARD nicht mehr ins Abendgebet einschließen, das war mir vorher klar. Auch, das da ein paar Türen zu gehen, doch ich will auch nicht, dass wieder welche aufgehen.“ Kurz und knapp zusammengefasst: „Es war kein böses Foul, aber ein taktischer Rempler im Mittelfeld.“

„Leverkusen bleibt eh nie bis zum Ende stabil dran“

Seine alte Liebe heißt Bayern München. Wo ein neuer Meisterstern am Bayernhimmel aufging, wartete Waldemar Hartmann mit den Meisterinterviews und auf ihn die obligatorische Weißbierdusche. Die Meisterschaft könnte schon an Ostern in trockenen Tüchern sein, „weil sich die anderen auch noch gegenseitig die Punkte abnehmen. Dann stolpert Dortmund und Leverkusen bleibt eh nie bis zum Ende stabil dran.“ Die Stärke des Rekordmeisters machte er auch schnell ausfindig: „Ribery zieht, wie Robben auch, raus, aber die Gegner können nicht sicher sein, wohin er geht. Beim Robben weiß man das.“

Im Sommer kommt der neue Trainer Pep Guardiola an die Säbener Straße, wofür es auch vom Franken ein Kompliment gab: „Hammer! Es gab weltweit große Verneigung vor diesem Coup. Auf jeden Fall geil. Damit haben sie den Anspruch gestellt, auch den Spielern den Anspruch gestellt. Ich kann aber nicht sagen, was er schaffen wird. Lasst ihn mal kommen und machen.“

„Löw tut so, als ob er dem Team das Fußballspielen beigebracht hätte“

„Ich kann es nicht mehr hören, wenn Jogi Löw so tut, als ob er dem Team das Fußballspielen beigebracht hätte. Die Bundesliga hat sie ausgebildet. Kein Bundestrainer hatte so viele begnadete Kicker zur Verfügung. Wir ernten die Früchte, die der oft gescholtene Mayer-Vorfelder säte.“ Nach der EM 2000 entwickelte der DFB sein Nachwuchskonzept, wonach jeder Profiverein ein Nachwuchszentrum haben muss.

Inzwischen wurde es zur Voraussetzung für eine Lizenz in den Profiligen. „Da kommen die Götzes her. Sie können Fußball spielen. Lasst die Jungs spielen, sie können es.“ Gegen Italien hat sich der Bundestrainer gnadenlos verschätzt und „erst wenn es ihm alle nachweisen, sagt er was und ist immer noch beleidigt“. Dies sei einfach nur „ungut“ und die DFB-Elf könne etwas gewinnen, ebenso „kann Dortmund auch die Champions League gewinnen“.

(Bildquelle: von Steindy (Diskussion) 10:01, 27 June 2011 (UTC) (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, via Wikimedia Commons)