Im Rahmen der Leipziger Buchmesse tummeln sich in der Heldenstadt allerlei Mitglieder der schreibenden Zunft. Autoren, aber auch Künstler reisen im März eines jeden Jahres nach Leipzig, um die jeweils neusten Werke zu bewerben und vorzustellen. Darunter war in diesem Jahr auch Waldemar Hartmann. Wir haben den Kultmoderator getroffen. Im exklusiven Gespräch für Goal.com sprach ich mit ihm über die TV-Landschaft von heute, die deutsche Nationalmannschaft und seinen FC Bayern München. Aber auch ein Lob für Borussia Dortmund sprang heraus.
„Keine Wehmut, sondern Good Feeling“
Um 19 Uhr soll „Waldi“, wie Waldemar Hartmann seit Schultagen gerufen wird, mit seiner Lesung im Bayerischen Bahnhof beginnen. Davor findet er noch Zeit für ein Gespräch mit mir. Kaum sitzt er, kommt schon die typische Leipziger Gose, ein obergäriges, leicht säuerliches Bier, an den Tisch. „An die Gose muss ich mich wieder gewöhnen“, gibt er offen zu. Kein Wunder, es ist eben doch kein Weißbier. Das soll er erst zur Lesung auf den Tisch bekommen.
Am Ort seiner letzten Sendung, „Waldis Club“ tritt er noch einmal auf. „Da schließt sich schon der Bogen. Und bei mir ist keine Wehmut, sondern Good Feeling“, beschreibt Hartmann sein Gefühl bei der Rückkehr in seine Schalterhalle.
Bei der ARD herrscht das „krankhafte Bemühen, alles komplett anders zu machen“
Im vergangenen Jahr war Schluss. Der Kultmoderator, die „Duzmaschine“, musste in Rente gehen. Seine Sendung passte nicht mehr so richtig in die Pläne der ARD, obwohl die Verantwortlichen des MDR für ihn kämpften. Inzwischen wird aus dem Ruhrpott gesendet.
Schmunzelnd merkte der 65-Jährige zu dem Nachfolger seiner Sendung an: „Ich stelle fest, es ist das krankhafte Bemühen, alles komplett anders zu machen, als es bei Waldis Club war. Deswegen muss aber nicht alles besser sein.“
Die „Uniformierung“ der Sky-Reporter
Mit dem Ende der Bildschirmpräsenz endete auch eine kleine Ära von Reportern der alten Garde, wie Hartmann anmerkte: „Ich weiß gar nicht, ob welche aussterben müssen, weil ja kaum noch welche da sind. Bei den Field-Reportern, das klingt einfach alles so gleich. Bei den Antworten aber auch. Ich habe das Gefühl, die Spieler haben alle den gleichen Coach – die Interviewer aber auch.“ Es sei „eine Gleichschaltung im Diktat, im Duktus, einfach in allem“. Man erkenne kaum noch jemanden heraus: „Mit großer Lust höre ich Marcel Reif noch raus. Er hat für mich einen hohen Unterhaltungswert und eine große Kenntnis vom Fußball.“
Bei Sky seien alle „gut“, aber keiner einzigartig. Kai Dittmann sticht etwas hervor, doch ist in „Waldis“ Augen ein wenig „oberlehrerhaft“. „Die Uniformierung geht über die Kleidung, direkt zum Frisör, zum Stylisten und so wird es am Ende alles ziemlich ähnlich und ziemlich gleich“, sagte der Kultmoderator weiter.
Das Buch ist „kein böses Foul, aber ein taktischer Rempler im Mittelfeld“
Der gebürtige Nürnberger polarisierte, war vor allem wegen seines Duzens mit den Interviewpartnern bekannt, stellte aber in dem Gespräch klar, dass er auch nur Leute duze, die er kenne und „heute wäre ich mit 80% der Nationalmannschaft per Sie, weil ich sie einfach nicht kenne. Ich weiß auch nicht, warum es so hoch getragen wird, denn im Sport geht man anders miteinander um.“
Inzwischen ist Waldemar Hartmann auch unter die Schriftsteller gegangen, hat seine mit großer Spannung erwartete Autobiografie pünktlich zu seinem 65. Geburtstag und zur Leipziger Buchmesse veröffentlicht. Das Buch ist ein netter Blick hinter die Kulissen der Person Hartmann und keine bitterböse Abrechnung. Hartmann weiß aber auch „das mich nun drei oder vier Menschen bei der ARD nicht mehr ins Abendgebet einschließen, das war mir vorher klar. Auch, das da ein paar Türen zu gehen, doch ich will auch nicht, dass wieder welche aufgehen.“ Kurz und knapp zusammengefasst: „Es war kein böses Foul, aber ein taktischer Rempler im Mittelfeld.“
„Leverkusen bleibt eh nie bis zum Ende stabil dran“
Seine alte Liebe heißt Bayern München. Wo ein neuer Meisterstern am Bayernhimmel aufging, wartete Waldemar Hartmann mit den Meisterinterviews und auf ihn die obligatorische Weißbierdusche. Die Meisterschaft könnte schon an Ostern in trockenen Tüchern sein, „weil sich die anderen auch noch gegenseitig die Punkte abnehmen. Dann stolpert Dortmund und Leverkusen bleibt eh nie bis zum Ende stabil dran.“ Die Stärke des Rekordmeisters machte er auch schnell ausfindig: „Ribery zieht, wie Robben auch, raus, aber die Gegner können nicht sicher sein, wohin er geht. Beim Robben weiß man das.“
Im Sommer kommt der neue Trainer Pep Guardiola an die Säbener Straße, wofür es auch vom Franken ein Kompliment gab: „Hammer! Es gab weltweit große Verneigung vor diesem Coup. Auf jeden Fall geil. Damit haben sie den Anspruch gestellt, auch den Spielern den Anspruch gestellt. Ich kann aber nicht sagen, was er schaffen wird. Lasst ihn mal kommen und machen.“
„Löw tut so, als ob er dem Team das Fußballspielen beigebracht hätte“
„Ich kann es nicht mehr hören, wenn Jogi Löw so tut, als ob er dem Team das Fußballspielen beigebracht hätte. Die Bundesliga hat sie ausgebildet. Kein Bundestrainer hatte so viele begnadete Kicker zur Verfügung. Wir ernten die Früchte, die der oft gescholtene Mayer-Vorfelder säte.“ Nach der EM 2000 entwickelte der DFB sein Nachwuchskonzept, wonach jeder Profiverein ein Nachwuchszentrum haben muss.
Inzwischen wurde es zur Voraussetzung für eine Lizenz in den Profiligen. „Da kommen die Götzes her. Sie können Fußball spielen. Lasst die Jungs spielen, sie können es.“ Gegen Italien hat sich der Bundestrainer gnadenlos verschätzt und „erst wenn es ihm alle nachweisen, sagt er was und ist immer noch beleidigt“. Dies sei einfach nur „ungut“ und die DFB-Elf könne etwas gewinnen, ebenso „kann Dortmund auch die Champions League gewinnen“.
(Bildquelle: von Steindy (Diskussion) 10:01, 27 June 2011 (UTC) (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, via Wikimedia Commons)
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