Zeitsprung. Wir befinden uns im Schuljahr 2007/2008. Ich arbeite in den Sommerferien in einem Call-Center in Magdeburg. Mein Abitur fängt nun so ganz langsam an ernst zu werden. Die letzten beiden Jahre auf dem Gymnasium stehen vor der Tür. Noch weiß ich nicht, wie anstrengend es sein wird ein vernünftiges Abitur auf die Beine zu stellen. Daher habe ich mich entschlossen auch über die Ferien hinaus nebenbei zu arbeiten. Ich halte es einen Monat aus. Im September 2007 habe ich dort gekündigt.
Erneuter Zeitsprung. Juni 2009. Ich habe gerade mein Abitur in der Tasche. Ich wusste bereits, was ich studieren möchte. Es war nur die Frage wo. Leipzig erschien mir optimal. Eine wunderschöne Stadt und nicht zu weit entfernt von der Heimat.
Was braucht man zum Studieren? Genau, die finanziellen Mittel. Umgehört habe ich mich natürlich vorher, wie andere Studenten ihr Leben auf die Beine stellen. Einige hatten das Glück, der elterlichen Unterstützung. Meine Eltern könnten es vielleicht, aber ich wollte es nicht. Mein Vater hat mich stets so erzogen, dass ich mir meine Freizeit finanzieren soll. Es gab zwar Taschengeld, aber ein Ferienjob war immer aktuell. Meine Eltern fielen also als Option aus. Dann gab es noch das BaföG Die Idee ist wirklich gut. Wenn man nicht so viel Geld hat und die Zeit im Studium knapp ist, ist dies die optimale Option für Studenten. Ich hatte aber Bedenken, da ich mich ja verschulden würde. Nach 5 Jahren Studium endlich fertig zu sein aber bereits ein paar Tausend Euro Schulden zu haben, war nicht mein Plan. Was blieb dann noch übrig?
Arbeiten, das blieb übrig. Ich hatte ja nun schon ein wenig Erfahrung und es mir auch nicht sonderlich schwer vorgestellt. Kaum hatte ich mich in Leipzig eingerichtet ging es auch schon los mit der Jobsuche. Was machen die meisten Studenten? An der Kasse sitzen. Das wollte ich nicht. Ich wollte etwas „cooles“ haben. Was wäre denn cool für mich? Etwas mit kleinem Aufwand und großem Verdienst. Leichter gesagt als getan. Ich habe mich umgesehen. Viele Bewerbungen geschrieben, mich bemüht, doch aller Anfang ist schwer. Man bekommt nicht immer gleich einen grandiosen Job. Das habe ich nun auch gelernt.
Die Wochen zogen sich hin und ich war noch immer ohne Job. Mein Erspartes neigte sich dem Ende zu und ich begann doch mit einem BaföG-Antrag zu flirten. So schlimm ist es sicher nicht. Man bekommt genug Geld zum Leben und nach dem Studium werde ich auch bald eine Anstellung finden, um die Schulden zügig abzuzahlen.
Eines Tages im Spätsommer 2009 war ich in Leipzig unterwegs und sah eine Anzeige. Natürlich möchte ich Geld haben, denn Lebensmittel sind doch irgendwie ganz wichtig. Also fragte ich dort nach und habe den Job bekommen. Von nun an saß ich in einem Baumarkt an der Kasse.
Es war absolut keine falsche Entscheidung. Die Leute waren super. Bei jedem Dienst war Spaß garantiert. Ich hatte wirklich viele tolle Momente und habe auch gemerkt, dass meine Mühe anerkannt wurde.
Das einzige, doch erhebliche Problem war, im Winter baut man keine Häuser oder arbeitet im Garten. Im Umkehrschluss bedeutete das für mich, ich habe zwar eine geringfügige Beschäftigung, jedoch am Monatsende nicht das volle Gehalt. Was machte ich nun?
Ich suchte mir einen weiteren Nebenjob, denn von irgendetwas musste ich ja auch leben. Sporadisch habe ich dann bei einer Dienstleistungsfirma gejobbt. Im Winter hieß dies, in aller Früh aufstehen und Schnee schippen. Manchen Tags musste ich hinterher noch in den Baumarkt und hatte bei Schichtende um 14 Uhr bereits zehn Stunden Arbeit hinter mir. Aber ich war ja Student und dies bedeutete auch noch die Fahrt zur Uni in Angriff zu nehmen. Als ich zu Hause ankam war mein 14-Stundentag endlich zu Ende. Leider war es Winter und es schneite wild weiter…
In den warmen Monaten habe ich weiterhin an der Kasse gesessen, aber sporadisch auch noch als Umzugshelfer gearbeitet. Ich war zufrieden mit meinem Leben.
Letzter Zeitsprung. Frühjahr 2011. Ich sitze im Bus und starre auf die kleinen Bildschirme, die von der Decke hängen. Ich sehe etwas „cooles“. Die LVB sucht Mitarbeiter im Qualitätsmanagement. Hört sich gut an, denke ich mir. Meine Bewerbung schicke ich noch am selben Tag per E-Mail. Das Bewerbungsgespräch verläuft erfolgreich und ich werde angestellt. Seit Juli fahre ich Bus und Tram. Ich sitze nicht mehr an der Kasse, nun bin ich Qualitätsbewerter bei den Leipziger Verkehrbetrieben. Sporadisch jobbe ich aber noch immer als Umzugshelfer oder in anderen kurzen Jobs.
Bald beginnt meine Jobsuche erneut, denn mein Vertrag ist nur befristet. Maximal ein Jahr kann ich dort arbeiten. Leider. Im Sommer nächsten Jahres suche ich erneut etwas „cooles“. Aber mit einem BaföG-Antrag flirte ich nicht wieder und darauf bin ich auch stolz.
Von Fabian Biastoch
Man kann sehr, sehr stolz darauf sein, wenn man alles so alleine stemmt, wie du es tust. Ich studiere selbst und habe mehrere Jobs. Es ist ein Balanceakt, aber wo ein Wille, da ein Weg.
Ich bin nicht Bafög berechtigt und bekomme Unterhalt von meinen Eltern. Allerdings bekomme ich nicht das, was mir eigentlicht zusteht, sondern um einiges weniger. Aber ich beschwere mich nicht. Es geht mir gut und ich bin glücklich über meine Jobs. Es ist einfach schön, das Geld selbst verdient zu haben. Man weiß, wofür man jeden Tag aufsteht 😉