Heute vor 10 Jahren starb Fritz Walter

Am heutigen Abend kann die deutsche Auswahl Geschichte schreiben. Das erste Mal in der Historie kann eine deutsche Auswahl alle Vorrundenspiele bei einer Europameisterschaft gewinnen. Am heutigen Tage, den 17. Juni kann sie in die Geschichtsbücher eingehen. Dieser Tag kann zu einem Meilenstein auf dem Weg zum vierten EM-Titel werden. Doch der 17. Juni ist auch ein tieftrauriger Tag in der Fußballgeschichte Deutschlands.

© DFB

Am 17. Juni 2002 befindet sich die Nationalmannschaft um Teamchef Rudi Völler bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea, als der Teamchef vor die Mannschaft treten musste und die traurige Nachricht zu verkünden hatte. Einer der größten Fußballer und Persönlichkeiten des deutschen Sports ist in der Nacht zuvor entschlafen. Der Kapitän der „Helden von Bern“ und der „Walter-Elf“ starb in seinem Haus in Alsenborn-Enkenbach. Der erste Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft, Fritz Walter verstarb an jenem 17. Juni 2002. Rudi Völler trat vor das Team und verkündete für das Spiel gegen die USA: „Wir werden am Freitag für ihn siegen.“ Völler selbst befand den bodenständigen Fußballer als besonderen Menschen: „Mein Vater hat in Tönen von ihm gesprochen, die wird kein Nationalspieler in den nächsten 100 oder 1000 Jahren erreichen. Fritz Walter hat nie die Bodenhaftung verloren, sondern ist immer ein einfacher, lieber Mensch geblieben.“

„Klä Fritzje“ begeisterte schon früh den Betzenberg

Doch wer ist dieser Fritz Walter, der als Held von Bern gefeiert wird und als Kapitän des 1. FC Kaiserslautern zweimal deutscher Meister wurde? Wer ist es, den Miroslav Klose als sein Vorbild bezeichnet, obwohl er ihn nie hat spielen sehen? Wer ist dieser Mensch, der immer den Mannschaftsgeist und die Bodenständigkeit in den Vordergrund stellte?

Am 31. Oktober 1920 erblickte der junge Friedrich Walter das Licht der Welt. Schon früh kam er zum Fußball, sein Vater war der Wirt der Vereinskneipe des FCK. So wundert es nicht, dass sich auch der knapp 18-jährige Fritz 1938 endgültig dem Spiel mit dem runden Leder verschrieb. Schon mit 14 Jahren war das „klä Fritzje“ die Attraktion auf dem Betzenberg und zog die Massen zu den Jugendspielen.

Im März 1940 wurde er erstmals Nationalspieler unter Sepp Herberger. Bei dem 9:3-Sieg über Rumänien konnte der junge Pfälzer drei Tore erzielen. Es war ganz klar, zu diesem Zeitpunkt war ein neuer Stern am deutschen Fußballhimmel aufgegangen. Doch der Himmel sollte sich nicht bis zur WM 1942 erstrecken, denn der Krieg zerstörte alle Hoffnungen auf eine glorreiche Zukunft des Fußballs und des Fritz Walters.

Wichtigstes Spiel seines Lebens fand in Marmaros-Sziget statt

Einige Jahre später sollte sich das Blatt jedoch wenden. Das erste Wunder im Leben Fritz Walters sollte sich in Marmaros-Sziget abspielen. Die deutschen Soldaten wurden abgezählt und in Richtung Sibirien geschickt. Darunter befand sich auch der junge Deutsche. Ein Ball sollte sein Leben retten. Die damaligen Lageraufseher spielten Fußball und das Leder rollte vor die Füße des Mittelläufers. Er konnte den Ball gekonnt annehmen und zurückpassen. Er spielte mit und durfte so bleiben. Später antwortete er auf die Frage nach dem wichtigsten Spiel seines Lebens, dass dieses „in Marmaros-Sziget stattfand.“

Meister mit dem 1. FC Kaiserslautern

Zurückgekehrt in seine Heimat führte er seinen FC Kaiserslautern zu den bedeutendsten Erfolgen in der Vereinsgeschichte. Zwischen 1948 und 1954 konnten die Roten Teufel sechsmal die Oberliga West gewinnen. Hinzu kamen 1951 und 1953 zwei deutsche Meistertitel. Zum damaligen Zeitpunkt gab es keinen besseren als den Fritz vom FCK. Respektvoll sprach Deutschland daher von der „Walter-Elf“, wenn es auf die Mannschaft aus der Pfalz zu sprechen kam. Große Vereine buhlten um den Regisseur, doch er verließ seinen „Betze“ nie. Später schrieb er einmal in einer Kolumne, dass seine Frau ihm die Antwort auf die Wechselfragen gab: „‚Schätzche, was mache mer?‘ hab ich meine Frau Italia gefragt. ‚Brauchst du mich doch gar nicht erst zu fragen‘ hat sie mir geantwortet, ‚da oben dein Betzenberg, der Chef, dein FCK, die Nationalmannschaft…‘“.

Am 20. Juni 1959 trug er ein letztes Mal das rote Trikot seines 1. FC Kaiserslautern. Kurz zuvor beendete er auch seine glorreiche Karriere im Dress der deutschen Nationalmannschaft. In dem weißen Trikot mit dem schwarzen Adler auf der Brust sollte er zur unsterblichen Legende werden.

Die Helden von Bern

Es war das erste Turnier einer deutschen Mannschaft nach dem Krieg. Die Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. Der so berühmt gewordene „Geist von Spiez“ war geprägt von Fritz Walter. Er vermochte es die Anweisungen des „Chefs“ perfekt umzusetzen. Als der junge unerfahrene Hort Eckel in die DFB-Auswahl sollte, hat zum Beispiel der Fritz seinem Teamkameraden des FCK die entscheidenden Ratschläge gegebenen, die er zuvor von Sepp Herberger gehört hatte. Die Mannschaft in der Schweiz war perfekt eingestellt durch ihren Trainer und durch und durch eine wahres Team. „Einer für alle – alle für einen“, das war das Motto. Während des Turniers und darüber hinaus. Jedes Jahr am 4. Juli trafen sich die Helden im Garten von Fritz Walter, er ließ seine Kameraden nie im Stich und half wo er konnte.

1954 im Finale sollten die bis dahin ungeschlagenen Magyaren warten. Nur bei Regen hätten sie eine Chance. Regen. Das war das Wetter des Fritz Walter. Hier konnte er seine größten Leistungen zeigen. Der 4. Juli begann sonnig und so machte sich während des Frühstücks neben der Aufregung doch ein wenig Enttäuschung breit. Doch dann, es kamen die ersten Tropfen nieder und verwandelten sich in sintflutartigen Regen. Auf dem Weg zum Endspiel sagte Sepp Herberger zu seinem Kapitän: „Fritz, Ihr Wetter.“ Dieser erwiderte: „Chef, ich hab nix dagegen.“ Es war doch noch „Fritz-Walter-Wetter“.

Im Regen, dem Regen der Helden von Bern konnten sie die Ungarn mit 3:2 schlagen und wurden das erste Mal in der Geschichte des DFB Fußballweltmeister. Nicht umsonst sollte der Historiker Joachim fest später einmal sagen, dass es drei Gründungsväter der Bundesrepublik Deutschland gab: politisch war es Konrad Adenauer, wirtschaftlich war es Ludwig Erhard und mental Fritz Walter. Eigentlich sei der 4. Juli 1954, der Tag des Endspiels in Bern, das Gründungsdatum der Bundesrepublik gewesen.

Gründungsvater der Bundesrepublik Deutschland

© Immanuel Giel

Heute vor zehn Jahren, am 17. Juni 2002 verstarb der mentale Gründungsvater der Bundesrepublik. Seine Frau Italia war bereits wenige Monate zuvor entschlafen. Die WM 2006 in seinem Stadion, auf seinem „Betze“ war ihm nicht mehr vergönnt, doch dies wäre nur ein Glanzpunkt in der glorreichen Karriere des Fritz Walter gewesen. Sein Teamkollege und genialer Mitspieler Horst Eckel sagte über ihn: „Der Fritz war der Größte. Größer als Pele und Beckenbauer. Denn er hat noch mit fast 38 bei einer WM gespielt, da haben die anderen längst aufgehört.“

Erstveröffentlichung auf 16-er.de

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