Ich bin ein Fußballromantiker. Ich finde die Heldentaten eines Spielers oder ernst gemeinte Treuebekenntnisse an einen Klub herausragend. Natürlich weiß ich, dass es heutzutage allein um das Geschäft geht und von dem eigentlichen Spiel nicht mehr viel übrig ist. Doch wenn der Hamburger SV heute Abend in der Relegation gegen Greuther Fürth seine geschenkte Chance nutzt und die Klasse hält, wäre ich auch froh.
Nicht, weil ich ein glühender HSV’ler bin. Nein, weil ich es toll finde, dass es dann noch immer ein unabgestiegenes Gründungsmitglied in der Bundesliga gibt. Leider ist dies auch der einzige Grund in meiner persönlichen Abfolge, die mich auf die Hamburger setzen lässt. Der Dino darf einfach nicht absteigen. Punkt.
Aber verdient? Nein, verdient hätte es die Elf vom mittlerweile dritten Trainer in dieser Saison, Mirko Slomka, nicht. Die Bilanz in eine einzige Katastrophe. Neun Niederlagen vor eigenem Publikum in diesem so unglaublichen Stadion in Hamburg – Neun!! Hinzu kam noch die Auswärtsschwäche, die Slomka übrigens nicht aus Hannover mitbrachte, sondern auch schon vorher da war. Der ehemalige 96-Trainer hat zumindest etwas verbessert, das Auftreten war ein anderes, aber eben nicht die Ergebnisse.
Wenn die Mannschaft am Ende mit 27 Punkten die Klasse hält, haben sie ein kleines Wunder vollbracht. So wenig gab es kaum zuvor für den Verbleib in der Bundesliga. Und verdient haben sie es dann trotzdem nicht. Eintracht Braunschweig hätte es sich verdient. Und das sage ich nicht nur mit meinen Magdeburger Augen. Sie haben gekämpft, die Fans waren unglaublich, doch am Ende hat eben das Quäntchen Glück bzw. auch die notwendige spielerische Klasse gefehlt. Der Aufstieg kam für die Mannschaft zu früh, für den Klub ist er dennoch ein Geldsegen gewesen und ich bin mir sicher, dass es nicht wieder fast 30 Jahre dauern wird, bis die Eintracht zurück in der Belletage ist.
Aber zurück zum HSV. Sie haben am Ende nur den Relegationsplatz „gewonnen“, weil die Konkurrenz einfach nicht gewinnen wollte oder konnte. Braunschweig patzte und nutzte die Riesenchancen ebenso nicht, wie Nürnberg. Nicht aus eigener Überzeugung oder einer starken Leistung, einem Aufbäumen, sagen wir gegen die Bayern oder in Mainz, hat es der Dino auf Platz 16 geschafft, nein, weil die Konkurrenz diesen Platz einfach so herschenkte.
Der Abstieg wäre also verdient, da bin ich mir aus fußballerischer Sicht sicher. Aber was würde er denn bedeuten? Er wäre wohl das Aus. Geht es so weiter, dann kann der HSV auch in der 2. Bundesliga nicht oben mitspielen. Die Querelen im Vorstand, mit dem Aufsichtsrat, um den Sportdirektor, um die Mannschaft und und und. All das, gepaart mit den Schulden und der fehlenden Klubphilosophie bedeuten über kurz oder lang einfach das Aus.
Die Mannschaft ist einfach nicht gut genug. Nachdem Frank Arnesen Ersatzspieler aus der zweiten Mannschaft (!!) des FC Chelsea als bundesligatauglich ausgemacht hatte und für viel Geld an die Elbe lotste, war es im Winter nun Bert van Marwjik, der den einen oder anderen jungen Niederländer wollte und natürlich auch bekam. Fehleinkäufe. Mal wieder.
Aber der Fisch stinkt ja bekanntlich vom Kopf. Die Struktur des Vereins ist eine Katastrophe und ebenso wenig bundesligatauglich. Wo sind die jungen Talente, die Juwele aus der eigenen Nachwuchsabteilung? Der Uwe Seeler 2.0? Die sind in Gelsenkirchen oder anderswo in der Republik. Viel schlimmer noch: Mit Levin Öztunali hat der HSV den Enkel von Uns-Uwe zu Bayer Leverkusen ziehen lassen! Anstatt Millionen für einen Torwart, einen Mittelfeldspieler oder Stürmer auszugeben, hätten sie alles daran setzen sollen, den Enkel des größten Klubidols zu halten! Man stelle sich nur vor, sie würden Hakan Çalhanoğlu und Pierre-Michel Lasogga halten können. Nein, dafür fehlt natürlich das Geld (neben der Perspektive natürlich). Sagen wir eine erste Elf mit Zhi Gin Lam, Jonathan Tah, Tolgay Arslan, Maximilian Beister, Çalhanoğlu, Lasogga und eben noch Öztunali. Dazu ein paar weitere Talente und erfahrene Kicker. Man könnte etwas aufbauen. Man könnte, hat man aber nicht und wird man wohl auch nicht.
Für mich ist die Welt heute blau-weiß! HSV – Wir greifen an!!! Egal was passiert, ich bleib bei dir #nurderhsv http://t.co/SBLziT0owV
— Fiona Erdmann (@Fiona_Erdmann) May 15, 2014
Die Machtkämpfe, die eigene Wichtigkeit der Verantwortlichen steht vor den Interessen des Vereins. Der HSV braucht einen Aufräumer. Felix Magath wäre ein solcher gewesen oder auch Jörg Schmadtke hätte seine gekonnte Hannoveraner Philosophie umsetzen können – man hatte ihn auf dem Zettel, aber nein, geholt wurde ein anderer. Gut, ob dann jetzt der Coach Mirko Slomka hieße, sei dahingestellt.
Fakt ist, der HSV braucht einen Leader und einen tollen Trainer. Letzteres haben sie, nun fehlt ein erfahrener Bundesliga-Manager mit hohem fußballerischem Sachverstand. Oliver Kreuzer ist dem Anschein nach noch nicht soweit.
So lange jedoch die persönlichen Interessen über denen des Vereins stehen, wird der Dino auch bei einem möglichen Klassenerhalt in dieser Saison wieder gegen den Abstieg kämpfen und das auf Jahre. Der Dino ist am aussterben. Gesucht wird ein kompetenter Retter! Und der HSV darf nicht absteigen. Ausrufezeichen!!