Natürlich wusste ich was Pegida ist. Ich habe mich ständig informiert, den Überblick behalten, aber so richtig nahe war es mit nicht. Bis zum Montagabend, als ich den Ableger in Magdeburg „besucht“ habe.
Magida heißt er in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Ich wollte mir eine eigene Sichtweise zulegen, vielleicht auch ein paar Zeilen für diesen Blog schreiben. Also machte ich mich auf den Weg. Zuerst sah ich NoMagida direkt auf dem Alten Markt. Schnell sah ich bekannte Gesichter. Okay, für jemanden, der früher selbst Kontakte zur linken Szene hatte und bei den Grünen war, ist das wohl wenig verwunderlich.
Ein paar Hände schütteln, alten Weggefährten zunicken und so weiter. Als es an die Musik aus dem Truck ging, verabschiedete ich mich, um mal einen Blick auf die andere Seite zu werfen. Ich wollte ganz nah ran. Gesagt, getan.
Ich blickte in die Augen vieler Senioren, auch Kinder und Jugendliche waren mit ihren Eltern vor Ort. Meine Augen wanderten weiter umher. Sie erblickten eindeutig rechte Leute, die sonst nur auf NPD-Kundgebungen auftreten. Auch die Rednerin (Sigrid Schüssler) des Montags hat bekanntlich eine Vergangenheit in der rechten Szene und passt nur zu gut dorthin…
Ich ließ meinen Blick weiter schweifen. Dann kam der Moment des Schrecks. Eine Situation, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Ich sah ihre Augen. Ich blickte tief hinein, sie erkannte mich nicht. Gut so, dachte ich mir. Es wäre wohl auch etwas peinlich geworden. Immerhin verbindet uns – zumindest noch immer theoretisch – eine gemeinsame Vergangenheit.
Die Dame, die ich dort erblickte, war keine Verflossene, die auf einmal am sehr konservativen Rand unserer Gesellschaft steht. Nein, es war die gutherzige Nachbarin. Jene nette Dame, die mich als kleinen Jungen oft aufnahm, die mir Kekse gab. Sie war keine alte Oma damals, dass ist sie aber heute. Sie stand unter den Menschen, die lautstark „Wir sind das Volk“ schrien und den Ruf aus Leipzig von vor 25 Jahren missbrauchen.
Ich konnte mir nie vorstellen, dass mich eine solche Bewegung so treffen würde. Natürlich habe ich damit gerechnet, dass ich viele Leute bei den Gegendemonstranten sehe, mit denen ich auch schon marschiert bin. Doch auf der falschen Seite bekannte Gesichter oder zumindest ein von früher sehr vertrautes zu sehen, das hat mich schon geschockt. Ich konnte mir es nicht vorstellen, dass in meiner näheren Umgebung – egal ob heute oder in der Vergangenheit – solche Leute leben oder gelebt haben. Ich kann es eigentlich auch noch immer nicht. Ich hoffe sehr, dass diese Dame die Ausnahme ist und sonst niemand mehr in meinem Umfeld ausländer- und islamfeindliche oder rassistische Gedanken in sich trägt. So etwas geht überhaupt nicht. Auch außerhalb meines Umfeldes nicht. Man sollte sich dafür schämen. Punkt.