Heute saß ich bei bestem Sonnenschein im Büro. Schnell habe ich mich da an Salvador bzw. die WM 2014 in Brasilien erinnert gefühlt. Es war nicht nur wegen des Titels für die deutsche Nationalmannschaft einfach traumhaft…
Kategorie: Brasilien
Salvador: „Menschen brauchen Perspektive, bekommen aber nur Tristesse“
Die ersten Tage in Salvador waren aufregend. Vor allem wegen des klasse 4:0-Sieges der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal! Danach folgte ein Hammersieg der Franzosen gegen die Schweiz und was die Zukunft noch bringt, das werden wir alle erst noch sehen, wer kann schon in die Zukunft schauen, ganz klar niemand.
Das werden wir alle erst noch sehen, wer kann schon in die Zukunft schauen, ganz klar niemand.
In Salvador geht das Leben nun auch ohne Fußball erst einmal weiter. Ein paar Spiele wird es hier noch geben, nach der Französisch-Schweizerischen Invasion wird es für ein paar Tage wieder etwas ruhiger.
Da bleibt genug Zeit, um sich die Stadt anzuschauen. Und sie hat viel zu bieten! Egal, ob nun der Fahrstuhl Elevador Lacerda, der die Unter- mit der Oberstadt verbindet oder das ganze Viertel Pelourinho. Hier lebt die Kultur Afrikas, die nach Salvador gebracht wurde weiter. Doch ganz so bunt, wie auf vielen Bildern ist es dann aber doch nicht.
Ganz klar sind die Menschen und die Straßen bunt geschmückt, aber die Häuser verfallen langsam wieder nachdem sie vor einigen Jahren noch renoviert worden waren. Ein Besuch lohnt sich aber dennoch, denn faszinierend sind die Capoeira-Tänzer oder auch die zahlreichen Marktstände in jedem Fall. Eben ein typisches Viertel für Touristen.
Die Gefahr in Salvador ist jedoch der kaum zu sehende Unterschied zwischen armen und reichen Gegenden. Natürlich ist am Stadtrand – wie wohl in fast allen brasilianischen Metropolen – eine Gegend, die Touristen oder Fremde besser nicht aufsuchen, aber auch im Stadtkern verwischt die Linie. Was natürlich an sich nicht schlimm ist, da somit die ärmeren Menschen nicht ausgegrenzt werden, macht es für Touristen gefährlich.
Man geht eine vermeintlich sichere Straße entlang und findet sich auf einmal in einem gefährlichen Gebiet. Die Grenzen verwischen. Auf der einen Straßenseite ein supermodernes und teures Shopping Center auf der anderen nur wenige Meter entfernt verlassene oder zerfallene Häuser/Armenviertel. Unweigerlich werden viele Touristen rund um das Stadion in Armenviertel gelockt, rund um Pelourinho sollte man die kleinen Gassen meiden und generell stets mit den Massen schwimmen. Nicht nur eine plumpe Empfehlung, sondern nach eigenen Erfahrungen ein sehr gut gemeinter Rat.
Schnell merkt man, warum Salvador eine der gefährlichsten Städte der Welt und demzufolge auch Brasiliens ist. In den „normalen“ Straßen patrouillieren Militärpolizei und private Sicherheitsdienste in Massen. Die Überwachung läuft sozusagen.
Als die Polizei im April knapp drei Tage lang gestreikt hat, ereigneten sich in Salvador rund 50 Morde! Natürlich sind es oft Gewaltverbrechen unter Drogenhändlern oder kriminellen Banden, aber das Problem ist dennoch vorhanden und will gelöst werden.
Viel beängstigender ist aber der Fakt, dass nach der WM die ganze Sicherheit wieder weg ist. Dann zieht die Polizei ihre Massen wieder ab und die Menschen müssen auf sich selbst aufpassen. Wie auch in Rio de Janeiro ist die Herangehensweise von kurzfristiger Natur gewesen. An eine langfristige Lösung der Gewaltprobleme habe man nicht gedacht, sagen die schwerbewaffneten Beamten auf der Straße. „Die Menschen brauchen Bildung und Perspektive. Bekommen aber nur Tristesse geboten“, fügt ein weiterer hinzu.
Die Vorteile, die diese WM haben soll, kommen nicht bei den „kleinen“ Menschen an. Sie werden auch nach dem Finale noch in ihren kaputten Häusern wohnen und keine Bildung oder Gesundheitsvorsorge haben. Brasilien ist ein Land, in dem die Wirtschaft brummt, aber die Menschen nichts davon haben. Diese Zutaten haben einmal Proteste ausgelöst, sind aber auch mehr als nur gut für eine Revolution. Es muss sich etwas ändern. Die Welt blickt auch weiterhin auf dieses schöne aber leider auch nicht ausgewogene Land. Sie muss es.
Umweltschutz adé! – Der dreckige Rio Camarajipe
Es ist heiß in Salvador. Nicht nur die Hitze macht einem zu schaffen, auch die Schwüle ist für den einen oder anderen Europäer nicht leicht zu ertragen.
Diese Konstellation ist für Bakterien und Abwässer gerade zu traumhaft. So auch für den Rio Camarajipe in Salvador. Unweit des Hotels machte sich ein leichter Fäulnisgeruch breit. Vielleicht Müll? Nein, es war der Fluss. Noch bis vor ein paar Jahren diente er immerhin als Grundwasserversorgung für das Viertel.
Heute mehren sich die Abfälle, Schmutz und andere Überbleibsel in ihm. Wie so viele Flüsse endet auch dieser im Meer. Was sich auf der Karte erst als idyllisch ersah, erwies sich später als purer Dreck. Eine braune Brühe bahnt sich den Weg in den Ozean.
Blaues Wasser? Nicht zu erkennen! Es ist Dreck pur. Auf Nachfrage wollte sich niemand dazu äußern, doch eines steht fest: Die Stadt hat es noch nicht geschafft, den Fluss zu bereinigen. Immer wieder haben sie es mit Tanklastern versucht – Wasser abgepumpt, doch sauber geblieben ist er nicht.
Dass der aktuelle Zustand eine Ausnahme ist, erscheint sehr unwahrscheinlich. Die Farbe – braun – spricht dagegen, ebenso der Fakt, dass es in Salvador das ganze Jahr über recht warm ist und so kaum eine Besserung in Kraft treten kann.
Natürlich ist es nur ein kleines Problem. Der Fluss ist wenige Kilometer lang und durchfließt „nur“ Salvador. Aber diese kleinen Probleme mehren sich und werden in einer wachsenden Industrienation irgendwann zu einem großen. Nicht nur die Schere zwischen arm und reich in Brasilien ist problematisch auch die Umweltsünden – wenn auch in diesem Fall nur im Kleinen – sind nicht zu übersehen.
Ganz Salvador gegen Deutschland!
Als es noch gegen Portugal – immerhin die verhassten früheren Kolonialherren Brasiliens – ging, da war Deutschland gern gesehen. Als die DFB-Elf gegen Ghana spielte hat sich das Blatt gewendet.
Schnell fand ich eine nette Bar in der ich zusammen mit zwei Kollegen den vermeintlichen Sieg feiern wollte.
Schnell wurde mir aber klar, dass es auf der einen Seite nichts mit dem Sieg werden würde und auf der anderen Seite außer mir und noch ein paar anderer Deutscher keiner jubeln würde. So war es auch verdammt ruhig, als Mario Götze mit gaaaaaaaaaaaaaanz viel Glück das erste Tor machte.
Als Ghana aber ausglich stand die Bude Kopf! Auf den Tischen wurde getanzt, gejubelt, ein Fan im Ganzkörperkostüm rannte auf und ab. Ich habe mich wirklich komplett fehl am Platze gefühlt.
Aber, dacht ich mir, wenn Deutschland gewinnt ist mir das recht. Nun denn. Es kam anders. Ghana machte bekanntlich auf einmal den Führungstreffer. Und während ich am liebsten alles zu Kleinholz verarbeitet hätte, jubelten und tanzten 95 Prozent der Bar und auf der Straße. Die Verzweifelung war mir, aber auch den anderen wenigen deutschen Schlachtenbummlern ins Gesicht geschrieben.
Gott sei Dank haben wir aber noch einen Miroslav Klose. Er kam, sah und siegte fast. Sein 15. WM-Tor und so wichtiges 2:2 wurde zumindest von knapp sechs Leuten lautstark zelebriert. Dass es fast noch zum 3:2 gereicht hätte, ließ nur wieder die Verzweifelung in die Gesichter zurückkehren.
Während sich die einen ein paar nette Brasilianerinnen angelacht hatten – die es aber auch scheinbar darauf angelegten, eingeladen zu werden – zog ich mit meinen beiden Kollegen in Richtung Pelourinho. Dort wurde gefeiert. Und ja, auch die deutschen Fans im bunten Viertel Salvadors wussten wieder wie man lacht. Mit ausreichend Bier und – Achtung Ironie! – afrikanischen Klängen wurde der Abend doch noch ein schöner! Bis in die Nacht wurde ganz einfach Salvador, Brasilien, die WM und der Fußball gefeiert. Wer braucht da schon einen deutschen Sieg?
Die hässliche Seite Salvadors
Am Dienstag hat es nun auch mich erwischt. Ich wurde überfallen. In Brasilien, genauer in Salvador während der WM. Hätte ich es kommen sehen sollen? Nein.
Der Grund ganz einfach: Ich habe mein gestohlenes Handy nicht präsentiert. Ich habe es nur für wenige Augenblicke aus der Hosentasche gezogen, um die Uhrzeit zu checken. Zudem war es auch helllichter Tag auf der Strandpromenade. Dummerweise waren vergleichsweise wenige Leute zugegen, weil das Spiel Brasilien gegen Mexiko gerade lief und ich ja auch nur in der Halbzeit schnell zu meinem Hotel wollte.
Diesen Moment nutzte ein Kerl aus, griff nach dem Handy, schlug mir ins Gesicht und drückte mich zu Boden. Erst wollte ich mich noch reflexartig wehren, doch dann kam mir in den Sinn, was man stets tun sollte: Nichts. Also habe ich ihm das Handy sozusagen überlassen.
Wer jetzt denken mag, ich verteufle Salvador oder gar ganz Brasilien, der irrt sich. Natürlich ist es eine Erfahrung, die man sich auch gern hätte sparen können, aber ebenso habe ich auch erfahren, wie hilfsbereit die Menschen sein können. Ganz schnell kamen Passanten angerannt, haben die potenziellen Täter verfolgt (irgendwie kam auch ein zweiter dazu, das habe ich jedoch nicht genau mitbekommen) oder haben mit ihren Autos gestoppt.
Ich habe in dem Moment – natürlich war ich geschockt – nicht viel auf Portugiesisch erzählen können. Dazu ist es eben doch nicht auf dem Niveau meines Englisch zum Beispiel.
Schnell war ich wieder im Hotel, alles war auch ebenso schnell wieder okay. Es ist mir ja nichts passiert und das Handy, war auch nicht mein privates (also auch nur sehr wenige Daten darauf gespeichert) und Reisepass etc hatte ich gar nicht dabei, sondern im Hotelsafe sicher verschlossen.
Natürlich will man eine solche Erfahrung nicht unbedingt teilen, aber mir ist es passiert und im Endeffekt ist es vielleicht auch gut so. Besser, dass es mich erwischt hat, als vielleicht eine andere Person, die daran das ganze Leben zu knabbern hätte, oder so.
Der Vorfall hat leider nur das Bild Brasiliens bestätigt. Viel Geld ist geflossen, doch nicht dahin, wo es am meisten gebraucht wird. Eine ordentliche Bildung, Gesundheitsversorgung und ausreichend Jobs sind nun einmal die Grundlage für den Wohlstand. Dann müssten die Menschen auch nicht in der Kriminalität leben. Einfach gesagt, aber im Grunde ist es nicht viel mehr.
Alles ist bereit!
Er ist echt schwer, aber es hat alle reingepasst. Der Koffer für drei Wochen ist gepackt und ich bin bereit für Salvador und Recife!
Mit neuen Deutschland-Shirts und meinem Trikots von 1954 bin ich bestens für die Spiele gegen Portugal und die USA gewappnet, hoffentlich bringen sie auch Glück.
Heute trete ich meinen Trip an, er wird immerhin knapp einen Tag andauern in der Hoffnung, dass mir nicht so etwas passiert, wie den anderen Kollegen von Goal. Sie mussten teilweise ihr Gepäck als vermisst melden oder hatten Verspätungen von nicht nur ein, zwei Minuten…
Next Stopp heißt Salvador und bis dahin gibt es via Twitter Updates, in der Hoffnung schnell meine brasilianische SIM-Karte zu bekommen.
Bilder gibt es auch schon auf meinem Tumblr-Blog und wird es auch dort in den kommenden Wochen vermehrt geben;-)
Es kann los gehen!
Endlich! Es ist da! Das Ticket zum Glück oder zumindest für das Spiel Deutschlands gegen Portugal in Salvador. Die Reise nach Brasilien rückt immer näher und ich kann es kaum abwarten.
Mein Koffer ist zwar noch nicht gepackt, aber vorbereitet ist natürlich alles schon oder zumindest habe ich schon daran gedacht^^ Vielleicht ist es ja typisch Mann, dass ich mir da noch die Zeit lasse und alles erst recht knapp vor dme Abflug mache, aber am Ende habe ich so oder so alles beisammen. Hat bei den letzten Reisen auch immer funktioniert.
Ich habe auch meine letzten Flüge bestätigt bekommen und warte nun sehnsüchtig auf den Abflug aus Leipzig. Dann kann ich auch das seit heute deutsche Sommerwetter hinter mich lassen.
Yes, ich darf auch nach Recife!
Nicht nur, dass ich die Ehre habe für Goal Deutschland während der WM in Salvador stationiert zu sein, nein, ich habe auch noch das Glück, das Spiel gegen die USA live und vor Ort in Recife verfolgen zu dürfen! Wie hammermäßig ist das denn!?!
Rund drei Wochen Brasilien zur WM – ein Traum! Nach Deutschland sozusagen mein zweites Heimturnier und ich kann es kaum abwarten. Sommer, Sonne, Strand und nun ja, auch sehr viel Arbeit. Aber das würde doch jeder gern in Kauf nehmen, oder nicht?
Als Ausstattung für das Turnier, habe ich – Achtung Werbung! – eine Sony-Kamera bekommen und warte noch auf ein Tablet und ein Handy vom gleichen Elektronikriesen.
Über meinen Tumblr-Blog gibt es dann und bis dahin auch eine Menge Fotos aus dem schönen Brasilien zu sehen. Hoffentlich bleiben die Demonstrationen allesamt friedlich und arten nicht in Gewalt aus. Ich bin auch für mehr Gerechtigkeit auf die Straße gegangenen, doch Gewalt ist stets fehl am Platz. Also Demos ja, aber friedlich!
In Salvador haben die Polizisten über Ostern gestreikt – sollte es auch während der WM zu Auseinandersetzungen oder anderen Dingen kommen, ich werde darüber berichten. Es soll neben dem Fan-Dasein eben auch die Situation in Brasilien beleuchtet sein. Die Fangeschichten gibt es dann natürlich hier, die eine oder andere Hintergrundstory auch schon vor dem Turnier (bzw. noch weitere) auf Goal Deutschland.